wer_ist_wer@oxkonferenz
Name / Ort: Stefan Meretz, Düsseldorf
E-Mail: stefan.meretz@hbv.org 
Zur Person: Maintainer des OpenTheory-Projektes und der wissenschaftlich-politischen Websites "Kritische Informatik" und "Kritische Psychologie" 
Links: OpenTheory
Kritische Informatik
Kritische Psychologie
Vortrag : Wem gehört das Wissen? 
Von der Freien Software zur Freien Gesellschaft
Datum/Zeit: 30.4. / 10:00
Abstract: Ich möchte den Versuch unternehmen, die Freie Software in die "Geschichte des Wissens" einzuordnen. Ich frage also nach der Bedeutung und Funktion des Wissens bei der Entwicklung der Produktivkräfte. Ich will zeigen, dass die Akkumulation von Wissen heute erfolgreich nicht mehr "wertförmig" - also vermittelt über Geld und Markt - laufen kann. Denn Verwertung, Geld und Markt bedeuten notwendig Ausschluss anderer von der Produktion und Verfügung über das Wissen. Die bekannten Mittel dazu sind Copyrights, Lizenzen, Gesetze, Patente etc.

Jede Einschränkung der heute nur noch global denkbaren Schaffung und Verdichtung von Wissen bedeutet einen Schuß ins eigene Knie: Aus Verwertungsgründen werden diejenigen ausgeschlossen, die das Wissen erst schaffen. Dieser Widerspruch ist nur auflösbar, wenn jeder Ausschluss abgeschafft wird.

Genau damit hat die Freie Software angefangen: Copyleft ist die subversive Form, auf Basis des Copyrights die Menge der Ausgeschlossenen gegen Null gehen zu lassen. Damit wurde ein globales Akkumulationsmodell des Wissen geschaffen, das effektiver und nachhaltiger ist als jedes Modell, das auf Ausschluss beruht.

Die Freie Softwarebewegung fordert also nicht nur Microsoft heraus (auch wenn sie davon nicht spricht...), sondern sie fordert die waren- (=wert-) -förmige Produktion überhaupt heraus (wovon sie erst recht nichts hören willl...) und stellt sie praktisch als obsolet in Frage. In diesem Sinne bedeutet jeder noch so kleine Einsatz Freier Software ein Stück "Entwertung" - und das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung: Einer Freien Gesellschaft, die einen ökonomischen Wert als Vermittlungsmedium einfach nicht mehr braucht. 
Workshop : Reibung erzeugt Wärme 
Von der Verknüpfung des Widerständigen mit dem Perspektivischen
Zusammen mit: Jörg Bergstedt
Annette Schlemm
Christoph Spehr
Heinz Weinhausen
Datum/Zeit: 29.4. / 10:00
Abstract: Perspektivendiskussion - in der Nische. Widerstandsaktionen - kurzfristige Erregungsknaller ohne erkennbare Ziele. Soweit die Lage .Veränderungen? Die Erfahrungen sind bisher schlecht. Oft geradezu diffamierend reden AktivistInnen aktionsorientierter Gruppen und DiskutantInnen in Theoriegruppen übereinander. Versuche der Verknüpfung enden meist fruchtlos, kleine Ansätze werden kaum wahrgenommen. Zu den meisten Anlässen (IWF/Weltbank in Prag, EU in Nizza, Castor, Anti-Naziaktivitäten usw.) bleibt jeglicher Versuch der Verknüpfung von Widerstand und Perspektive aus. Aber sie wäre wichtig: Widerstand schafft Erregungskorridore, in denen die Diskussion dann stattfinden kann. Widerstand ohne die Diskussion schafft nur Erregung ohne Inhalt und kontinuierliche Prozesse. Der Diskussion aber fehlt ohne Widerstand auch etwas Grundlegendes - nämlich die Chance breiter öffentlicher Wahrnehmung und die Durchsetzbarkeit ihrer Visionen. In der Freien Softwarebewegung entwickeln sich in der Praxis neue Formen produktiver Selbstorganisierung. Sie ist "frei", weil sie sich - anders als die bekannten alternativ-ökonomischen Projekte - von de rökonomischen Kapitalverwertung abgekoppelt hat (und dies durch die General Public License - GPL - absichert) und weil sie selbst eine freie Organisierungsform darstellt, wie sie in politischen Kreisen schon immer gesucht wurde. Sie ersetzt nicht andere politische Bewegungen. Sie trägt in sich auch Widerstand - beispielsweise gegen die Patentierung von Software.

Deshalb wollen wir die Gemeinsamkeiten und die Differenzen zwischen aktuellen politischen Bewegungen und Widerstandsgruppen sowie der Freien Softwarebewegung thematisieren und die Frage stellen: Was kann die Freie Software vom Widerstand lernen, was kann der Widerstand von der Freien Software lernen.

Wir können uns keine perfekten "Freie Kooperationen" ausdenken, aber wir können über die Voraussetzungen nachdenken, unter denen alle Beteiligten ihre eigenen Vereinbarungen und Regeln selbst verhandeln können. Der Workshop bietet keine Lösungen, sondern soll dem Denken darüber dienen, ob und welche Strategien der Verknüpfung von Theorie und Praxis, des Widerstands gegen das Alte und des Schaffens von prinzipiell Neuem, bestehen.

Literatur:
Gruppe Gegenbilder: "Freie Menschen in freien Vereinbarungen", besonders Kapitel: 2.3. und 4. (siehe http://www.opentheory.org/proj/gegenbilder)
Christoph Spehr: Die Aliens sind unter uns ! (siehe http://www.thur.de/philo/uvu57.html