Mein Nicht-Beitrag zum Oekonux-Workshop "Reibung erzeugt Wärme"

Annette SchlemmMail link

Die Entstehung von Oekonux im Sommer 1999 hatte ich nicht mit erlebt - aber gleich nach meinem Urlaub ließ ich mir die bis dahin geführten Intenet-Diskussionen schicken und war total begeistert von den vielen Ansätzen. Diese brachten - zumindest für mich - genau das, was ich in meinem gerade erschienenen Buch gewünscht hatte: einen Neuaufschwung der politisch-theoretischen Debatte.

Ich habe noch nie eine Zeile Programmcode programmiert. Aber die Art und Weise, wie in der Freien Softwareszene Projekte organisiert werden, gab mir einen Beweis dafür, daß es möglich (und vielleicht sogar [hier fehlt was - der Sezzer]) ist, hochkomplexe Güter auf dezentral-vernetzte Weise zu produzieren. Und die General Public License war endlich einmal ein vernünftiger und funktionierender Hinweis darauf, in welcher Form die klassische "Eigentumsfrage" heute behandelt werden kann. Ich hatte auch gerade die Kritische Psychologie als marxistische Subjektwissenschaft kennen gelernt und wir konnten deren "Menschenbild" schnell fruchtbar machen bei der Erkenntnis, daß in der Freien Softwareproduktion die individuelle Selbstentfaltung und keine äußerlichen "Erfordernisse" zur Triebkraft des Handelns werden.... Alles Momente, die eine neue links-alternativ-ökologisch-feministische-globale... neue Gesellschaftstheorie braucht.

Obwohl ich in Oekonux tatsächlich auf viele Leute traf, die viel programmieren und ich bei diesen Themen immer erst ziemlich dumm nachfragen muß - wurde dieser Diskussionszusammenhang zum "Attraktor" für viele, die auch aus eher politischen Gründen nach neuen Ansätzen suchen. Bei anderen politischen Ansätzen sah ich eine deutliche Verwandschaft zu Oekonux - aber die Vertreter der Konzepte hatten meist bisher weder miteinander noch mit Oekonux viel zu tun.

Als zur Oekonux-Konferenz aufgerufen wurde, sah ich eine Gelegenheit, diese Menschen zusammen zu bringen. Es erschien mir weniger spannend, selber einen Vortrag über meine Zusammenfassung all dieser Ansätze zu machen, als eine Diskussion zu ermöglichen. Deshalb hatte ich für den Workshop keinen eigenen Beitrag vorbereitet, sondern freute mich eher still, wie schön die Diskussion lief. Schon während Christoph Spehr über sein Konzept der Freien Kooperation, Heinz Weinhausen über das Projekt SSM und seine Sichtweise auf das Verhältnis zwischen "Dämmebauern" und "Schiffebauern" , Jörg Bergstedt über "Widerstand und Vision" sowie Stefan Meretz über Freie Software sprachen, wurden übereinstimmende Momente, aber auch Widersprüche und unterschiedliche Schwerpunktsetzungen deutlich. Durch die große Anzahl der Anwesenden kamen diese aus meiner Sicht zu wenig zu Wort. Aber insgesamt empfand ich eine sehr gute Stimmung und auch bei den Widersprüchen stand das gemeinsame Vorankommen im Mittelpunkt und nicht etwa eigene Profilierung. Daß die HauptreferentInnen danach das Bedürfnis zeigten, die angerissenen Inhalte noch zu vertiefen und gemeinsam mit weiteren InteressentInnen an einem Buch (Weiterführung von "Freie Menschen in Freien Vereinbarungen") zu schreiben, setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Damit werden wir nun alle eine Weile beschäftigt sein... (siehe http://www.opentheory.org/buchprojektRemote link).


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