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Von: stw 29.04.2001 11:36

Oekonux: Vortrag von Peter Gerwinski

Peter Gerwinski (Head of Office der Free Software Foundation Europe) gibt auf der Oekonuxkonferenz eine Einführung in die Geschichte und Philosophie des GNU-Projekts


Der didaktisch sehr gut aufbereitete Vortrag startete mit einigen grundsätzlichen Überlegungen zu den Begriffen Hardware, Software, Information, um so dann den "philosophischen" Kern der Bewegung für Freie Software herauszuarbeiten.

Unter Hardware versteht er alles "stoffliche" und Software wurde als "der Rest" mit Information gleichgesetzt. Gerwinski unterstrich dabei den Gegensatz zwischen Geistigem Eigentum (das im juristischen Sinne kein Naturrecht darstelle) und der Freiheit der Information heraus (die den maximalen Nutzen für die Gesellschaft mit sich bringen würde). Information sei so was wie das Gegenteil von Wahrscheinlichkeit und messbar. Sie würde durch kopieren nicht weniger, was den Hauptunterschied zu Materie darstelle (die Materie im Universum ist konstant, die Gesamtmenge an Information im Universum ist veränderlich und erhöht sich durch kopieren)

Es folgte eine komprimierte Übersicht über die Geschichte der Freien Software Bewegung:

- "Am Anfang war alle Software frei"
- 1971 Richard Stallman fängt beim MIT, Boston USA an (Hacker in der damaligen - positiv besetzten - Wortbedeutung)
- 1982 erste nicht-freie Software am MIT im Einsatz
- 1984 GNU Projekt startet (GNU steht für "GNU is Not Unix")
- 1985 Gründung der Free Software Foundation
- 1990 GNU ist komplett, bis auf den Kernel
- 1991 Linus Torvald kündigt Linux an
- 1992 GNU/Linux fertig
- 1998 Open Source bewegung beginnt mit der Vermarktung von Freier Software
- 2000 BMWi fördert Freie Software und IT Sicherheit
- 2001 Free Software Foundation Europe gegründet

Die 3 Säulen der Freien Software sind nach Peter Gerwinski

1. die freie Modifizierbarkeit der Software
2. die Möglichkeit der Weitergabe (auch in modifizierter Form)
3. die freie Benutzbarkeit dieser Software für alle.

Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass freie Software jederzeit verkauft werden kann und somit eigentlich kommerzielle Software ist. Auch die Entwicklung von Freier Software in Lohnarbeit ist erlaubt. Peter Gerwinski selber arbeitet in einer Firma, die Freie Software entwickelt und Geld mit der zur Verfügungstellung derselben sowie Dienstleistungen drumherum (Support) verdient.
Freie Software ist lizensierte Software und beruht auf Urheberrecht (letzlich kann niemand in Deutschland sich dem entziehen, da jeder schöpferische Akt automatisch dem Urheberrecht unterliegt). Folgende drei Lizenzvarianten stellte Gerwinski vor:

- GPL die General Public Licence, bei der es verboten ist, Freie Software in Nicht-Freie umzuwandeln und bei der es auch keine Kombinationen (durch Verlinkung) mit Nicht Freier Software geben darf

- LPGL = Lesser GPL, bei der Kombinationen mit nicht Freier Softwrae erlaubt sind

- BSD (geringster Schutz)

Ein Autor darf die einmal vergebene Lizenz jederzeit auch nachträglich wieder ändern, die bis dahin verbreiteten Versionen bleiben alerdings unter der alten Lizenz.

Peter Gerwinski stellt in diesem Zusammenhang auch mehrmals heraus, dass es das "gute Recht" eines jeden Autors ist, die Lizenz frei zu wählen oder auch Geld für seine Arbeit oder sein geistiges Eigentum zu verlangen.

Der Begriff Copyleft wurde als "Anwendung des Urheberrechts zur Sicherung der Freiheit" umschrieben.

Eine längere Passage der Vortrags beschäftigte sich mit Software Patenten. Patente sind für Gerwinski ein "zugesichertes Monopol für die Nutzung einer Erfindung um den Preis ihrer Veröffentlichung". Auch wenn durch diese Veröffentlichung angeblich der größtmögliche Nutzen für die Gesellschaft gesichert werden sollte, geht von Patentierung laut dem Referenten eine grosse Gefahr für die Entwicklung Freier Software und Software im Allgemeinen aus. Software würde zu einem Minenfeld, da irgendwann durch Entwickler ganz selbstverständlich angewendete Routinen patentiert und dadurch illegal werden könnten. In einer Software sind schnell mal tausende Patente miteinander vernetzt enthalten. Auch die regelmäßige Prüfung der Erfindungshöhe bei einer Patentanmeldung hilft schützt in der Praxis vor diesem Problem nicht, dann irgendwann die Software-Entwickler so nur noch mit juristischen Fragen beschäftigt wären, anstatt Software zu entwickeln. Freie Software ist hiervon besonders betroffen, da der Code ja einsehbar ist.
(vgl. a.  http://www.ffii.org/ )

Auch von dem Linux-Boom der letzten Zeit gehen Gefahren für die Freie Software Bewegung aus:
- Linux-Distributionen verteilen oft auch Nicht-Freie Software zusammen mit Freier Software, manchmal ist noch nicht einemal klar, welche Software frei ist und welche nicht.
- Oft werden Nicht-Freie Software-Bibliotheken von Autoren Freir Software verwendet
- manche Protoklle und Datenformate liegen nicht offen
- Hardware, die ohne Spezifikation geliefert wird stellt ebenfalls ein Problem dar

Zum Abschluss stellt Peter Gerwinski noch die Organisationstruktur der frisch gegründeten Free Software Foundation Europe vor. Es gibt eine sternförmiger Verwaltungsstruktur, mit sogenannten Chaptern für jedes beteiligte europäische Land. Diese seien "nicht basisdemokratisch" organisiert, sondern es würde darauf geachtet, wer aufgenommen wird und ob dieses Mitglied auch die Prinzipien der Freien Software vertreten kann. Die "assoziierten Organisationen" hätten aber eine basisdemokratische Struktur und jedEr könne mitmachen.

Fazit:

Der Vortrag bekam wohl aufgrund der offensichtlichen Kompetenz des Referenten viel Beifall.

Einige der Aussagen (z.B. wenn Software mit Information gleichgesetzt wurde, und später gesagt wird, dass alle bis 1982 alle Software frei war) ware zu plakativ, wenn nicht falsch.

Schwierig fand ich auch seinen naturwissenschaftlichen Informationsbegriff: Gerwinski meint - wohl aufgrund seines Physikerhintergrunds - Information messen zu können und hat somit keinen Begriff von Semantik. (Zwei Aussagen der gleichen Bedeutung addieren sich bei ihm zur doppelten Menge von Information?). Das erinnert mich ein wenig an die hilflosen Versuche, die Menge der Information anhand von Worthäufigkeiten messen zu wollen.

Positiv fand ich, dass sehr klar wurde, was zur Philosophie der Freien Software gehört und was nicht. So wird das bestehende Rechtssystenm, Tausch- und Warenwirtschaft oder geistiges Eigentum des Autors nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Freie Software kann auch im Rahmen von Lohnarbeit entstehen. Geschäftsmodelle, bei denen Geld mit Dienstleistung (Support) anstelle des Verkaufs von Informationsprodukten verdient werden sind zur Freien Software Bewegung kompatibel.


 

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Geistiges Eigentum 29.04.2001 17:26

Das mit dem Geistigen Eigentum ist Genau Richtig, bloss wenn einer mit Fremden Geistigen Eigentum Geld verdient, muss er zahlen, ist doch Allgemeine Praxis im Free und Shareware Bereich, ausser bei Bill Gates, aber von dem gibt es ja ein Spezielles Foto.
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